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Novartis meldet sich mit zwei siRNA-Deals zurück

Novartis reiht einen Deal an den nächsten, eine Übernahme an die andere. Nun kommen innerhalb weniger Tage gleich zwei Kooperationen im Bereich der siRNA-Wirkstoffe an die Öffentlichkeit, bei denen die Schweizer bemerkenswert hohe Upfront-Zahlungen zu leisten bereit sind. Früher hätte Novartis dieses viele Geld eher in die eigene Forschung gesteckt, doch diese Zeiten sind wohl vorbei, wie ein Blick in die weiter zurückliegende Vergangenheit zeigt.

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Novartis verfolgt weiterhin seine angekündigte aggressive Expansionsstrategie im einstelligen Milliardenbereich. Nicht immer ist es eine Komplettübernahme wie bei Regulus und Anthos in der ersten Jahreshälfte, auch Kooperationsdeals können ganz schön ins Geld gehen: Anfang September wurde ein Lizenz- und Optionsvertrag mit Argo Biopharmaceutical über potentiell 5,2 Mrd. US-Dollar bekanntgegeben. Davon erhält Argo sofort 160 Mio. US-Dollar – eine bemerkenswert hohe Upfront-Zahlung –, und weitere Meilenstein- und Optionsbeträge sowie gestaffelte Tantiemen. Dieser Deal baut auf einer 2024 gestarteten Zusammenarbeit auf, in der bereits 185 Mio. US-Dollar plus bis zu 4,165 Mrd. US-Dollar als potentielle Meilensteine vereinbart wurden. Die in Shanghai ansässige Argo Biopharma ist vor allem für siRNA-basierte Ansätze gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekannt und hatte mit Novartis in dieser Indikation eine vertiefte Zusammenarbeit etabliert: Die Lizenz bezieht sich auf mehrere Kandidaten gegen Hypertriglyceridämie und Dyslipidämie, darunter ANGPTL3-Inhibitoren; Novartis hält zudem auch ein Vorkaufsrecht für weitere Mittel aus Argos Pipeline.

Parallel kooperiert Novartis mit Arrowhead Pharmaceuticals für eine siRNA-Therapie (ARO-SNCA) gegen Parkinson – 200 Mio. US-Dollar upfront und bis zu 2 Mrd. US-Dollar Meilensteine sind auch in diesem Fall eher hohe Preise. Dies vor allem, wenn man bedenkt, dass das Zielmolekül dieser Kooperation Alpha-Synuclein ist, das Novartis bisher in einer Kooperation mit UCB kein Glück brachte und mit zwei Medikamentenkandidaten wieder aus der öffentlichen Pipeline verschwand. Dennoch zeigt die Hartnäckigkeit von Novartis vielleicht auch, dass die Hoffnung noch nicht aufgegeben wurde.  Beispielsweise könnten sich mit den Kooperationen im Bereich Blut-Hirn-Schranken-Shuttle (mit BioArctic und Sironax) neue Wege für ein Drugdelivery eröffnen, die diese Hoffnungen unterstützen könnten.

Novartis ist im Dealrauschmodus: Im August wurden 772 Mio. US-Dollar für die bereits erwähnte Neuroplattform von BioArctic investiert (Blut-Hirn-Schranken-Shuttle). Kurz zuvor war ein ähnlicher Deal zu einer verwandten Technologieplattform mit Sironax über rund 175 Mio. US-Dollar geschlossen worden und im Juni mit ProFound Therapeutics ein 750-Mio-US-Dollar-Target-Abkommen. Im April gab es die Übernahme von Regulus Therapeutics für bis zu 1,7 Mrd US-Dollar. Im Februar wurde Anthos Therapeutics für 3,1 Mrd US-Dollar geschluckt.

Wachsende Pipeline von Novartis

Novartis verfolgt eine klare Wachstumsstrategie, unter anderem in den Bereichen Onkologie, Immunologie, Kardiometabolik und Neurologie. Doch auch Muskelerkrankungen geraten neu in den Fokus der Schweizer. Die Pipeline zum Stichtag Q1/2025 in den ersten vier genannten Indikationen zeigt:

  • Onkologie: 23 Solid-Tumor-Programme in Phase I/II, vier in Phase III, eines im Zulassungsverfahren

  • Immunologie: 14 in Phase I/II, acht in Phase III, eines im Zulassungsverfahren

  • Neuro-/Kardiometabolik: sieben Kandidaten in Phase I/II, acht in Phase III

Hinzu kommen gezielte Innovationen wie das Radioligand-Plattformportfolio (Lutathera, Pluvicto, 225Ac-PSMA-R2) mit großen Fortschritten in klinischen Studien und Infrastrukturausbau nicht zuletzt in den USA, um der Zolldrohung von Donald Trump zu entgehen.

Wer etwas Zeit hat, sollte sich die lange Geschichte der Novartis-Forschung von Alex Kesin auf Substack zu Gemüte führen. Darin wird die Ära Daniel Vasella beleuchtet, der mit Marc Fishman einen Wissenschaftler an die Spitze der Entwicklungsabteilung setzte und mit Milliarden ausstattete für eine freigeistige Forschungsaktivität. Später übernahmen wieder die Controller die Macht über die Budgets und so ist Novartis heute wie nahezu alle anderen großen Pharmafirmen darauf angewiesen, die Innovation von außen hereinzuholen. Dass diese Recherche, das Screening, die Validierung und der Weg bis zum Proof-of-Concept und durch die Klinik auch eine ganze Menge Personal und Finanzmittel benötigt, hatten die Controller nicht auf der Rechnung, als sie dem Novartis-Forschungsinstitut schließlich den Geldhahn zudrehten.

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